Am Puls der KI-Entwicklungen in der Dermatologie

Dr. Elisabeth Gössinger fand über Umwege zur klinischen Forschung. Nun gestaltet sie die KI-Wende in der Dermatologie mit.

Sie sind Assistenzärztin der Dermatologie am Universitätsspital Basel und Teil der DKF-Forschungsgruppe von Prof. Alexander Navarini. Was hat
Sie zu diesem Fachgebiet hingezogen und wie haben Sie Ihr Interesse für die klinische Forschung entdeckt?

Die immense diagnostische Vielfalt der Dermatologie und die systemischen Zusammenhänge vieler Hauterkrankungen haben mich von Anfang an fasziniert. Mein Interesse an der biomedizinischen Forschung entwickelte sich bereits während meines Bachelorstudiums der Maschineningenieurwissenschaften an der ETH Zürich und wuchs während meiner Tätigkeit in der dermatologischen Grundlagenforschung an der Medizinischen Universität Wien. Während meines ersten Assistenzarztjahres in Basel entdeckte ich meine Leidenschaft für die klinische Forschung, als ich die Gelegenheit erhielt, als Studienärztin über 16 klinische Studien in der Dermatologie und Allergologie zu betreuen.

Können Sie uns einen Einblick in Ihre aktuellen Forschungsprojekte geben, die sich auf den Einsatz von bildbasierter künstlicher Intelligenz in der Dermatologie fokussieren?

In Basel ist künstliche Intelligenz (KI) bereits fester Bestandteil unseres klinischen Alltags. Wir verwenden zum Beispiel 2D- und 3D-Ganzkörperfotografie, um mittels KI neue oder veränderte pigmentierte Läsionen im Rahmen des Hautkrebsscreenings zu identifizieren. Zusätzlich können dermatoskopische Nahaufnahmen einzelner Läsionen durch einen Risikoscore bewertet werden, der auf neuronalen Netzwerken basiert. Anfang
2024 haben wir ein grosses Forschungsprojekt abgeschlossen, das den Einsatz dieser Systeme zur Melanomfrüherkennung in Hochrisikopopulationen
untersuchte. Hier habe ich unter anderem die Reproduzierbarkeit der KI-basierten Risikoscores untersucht und zugleich die Akzeptanz und Präferenzen von Ärzten und Patienten in Bezug auf diese neuen Technologien analysiert. Während sich unsere bisherige onkodermatologische KI-Forschung vor allem auf Melanome konzentriert, möchte ich nicht-melanozytäre Hautkrebse nicht ausser Acht lassen. Aktinische Keratosen (AK), die in-situ-
Form des Plattenepithelkarzinoms, stellen die häufigsten malignen Hautläsionen dar. Aktuell können wir nicht vorhersagen, welche AK invasiv werden, stabil bleiben oder sich spontan zurückbilden. Deshalb ist eine umfassende Behandlung aller Läsionen essenziell, um Progression und potenzielle Mortalität zu verhindern. Viele Fragen in Bezug auf AK sind in der Dermatologie bislang wenig erforscht, wie etwa die Kurz- und Langzeitwirksamkeit verschiedener Behandlungsmethoden, Patientenpräferenzen, der Einfluss von Begleitfaktoren auf das Therapieansprechen oder posttherapeutische Rezidivraten. Zudem fehlt ein automatisierter KI-basierter Score zur objektiven Überwachung des Therapieerfolgs und des Krankheitsverlaufs. Derzeit arbeite ich an der Entwicklung eines digitalen Beobachtungs- und Bildgebungsregisters, das sich diesen und vielen weiteren offenen Fragestellungen widmet.

Einen Blick in die Zukunft

Ich werde voraussichtlich in zwei Jahren meinen Facharzttitel erwerben und plane, sowohl während meiner weiteren Ausbildungszeit als auch danach weiterhin aktiv in der klinischen Forschung zu sein. Ich finde unser medizinisches Zeitalter äusserst spannend und möchte unbedingt weiterhin am Puls der KI-Entwicklungen in der Dermatologie bleiben.

November 2024

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Dr. med. Elisabeth Victoria Gössinger, BSc ETH wurde in Wien geboren und studierte Maschineningenieurwissenschaften an der ETH Zürich, bevor sie ein Medizinstudium an der Medizinischen Universität Wien (MUW) absolvierte. Forschungserfahrungen sammelte sie am Institut für Biomechanik (ETH) und an der Research Division of Biology and Pathology of the Skin der MUW. Nach klinischer Tätigkeit in der Inneren Medizin, Allgemeinchirurgie und Dermatologie in Österreich zog sie 2021 nach Basel, um die dermatologische Facharztausbildung am Universitätsspital Basel zu beginnen. Seitdem ist sie Teil der DKF-Forschungsgruppe von Prof. Alexander Navarini. 2023 promovierte sie an der Universität Basel.

Auszeichnungen und Grants: «Incyte Innovative Dermatology Award» SGDV-Jahreskongress 2024, «Förderung exzellenter Nachwuchsforschender» Forschungsfonds Universität Basel, «Beste Posterpräsentation» Tag der Klinischen Forschung 2024 (3. Platz), «Outstanding Poster Presentation Award» EAACI Congress 2024.

© Departement Klinische Forschung, Universität Basel c/o Universitätsspital Basel, November 2024