Durch Forschung die medizinische Praxis verbessern

Für Cihan Atila ist die Kombination aus Klinik und Forschung eine ideale Konstellation.

Die OxyTUTION-Studie, mit der Sie kürzlich als Mitantragsteller beim IICT-Call des SNF erfolgreich waren, baut inhaltlich direkt auf Ihrem MD-PhD-Projekt auf. Es geht um die Rolle von Oxytocin bei Diabetes Insipidus. Freuen Sie sich darauf, in diesem Bereich weiterforschen zu können?

Es freut mich in vielerlei Hinsicht auf diesem Gebiet weiterforschen zu können! Die Hypothese eines möglichen zusätzlichen Oxytocin-Mangels bei Patienten mit einem zentralen Diabetes Insipidus (Vasopressin-Mangel) stellten wir in unserer Forschungsgruppe vor etwa drei Jahren und mit dieser Fragestellung hatte ich damals mein MD-PhD bei Prof. Mirjam Christ-Crain begonnen. Es war eine aufregende Fragestellung, da wir auf der Suche nach potenziellen neuen Stimulationstests auf MDMA gestossen sind und uns erstmals auch in die Psychedelika-Forschung wagten – was ohne die Kollaboration mit der Forschungsgruppe von Prof. Matthias Liechti nicht möglich gewesen wäre. Da es sich beim zentralen Diabetes Insipidus um eine sehr seltene Erkrankung handelt, war die Durchführung der initialen Studie nicht sonderlich leicht und wir müssten viele der Patientinnen und Patienten im Ausland rekrutieren. Trotz der aufwändigen Studie haben wir es in recht kurzer Zeit geschafft, alle Patientinnen und Patienten zu rekrutieren. Die Studienresultate hatten uns selber überrascht. Wir zeigten erstmals einen klinisch relevanten Oxytocin-Mangel und konnten somit auch eine neue Hypophysäre-Erkrankung beschreiben. Desto mehr hat es mich natürlich gefreut, dass das Folgeprojekt nun vom SNF mit dem IICT-Grant gefördert wird – das ist ein sehr wichtiger Schritt für die Forschung in diesem Gebiet!

Was reizt Sie an der Endokrinologie? Warum haben Sie sich für dieses Fachgebiet entschieden?

Ich muss zugeben, dass Endokrinologie bis zu meinem letzten Jahr im Studium nicht unbedingt auf meiner Prioritätenliste stand – ich fand Neurowissenschaften grundsätzlich sehr interessant und erst durch den Kontakt zu der Forschungsgruppe von Prof. Mirjam Christ-Crain habe ich bemerkt, wie sehr mich die Forschung rund um neuroendokrinologische Krankheitsbilder fasziniert. Insbesondere die Kreativität bei der Stellung von Forschungsfragen war letztendlich für mich entscheidend. Die Endokrinologie hat grundsätzlich die Besonderheit, dass es eine interdisziplinäre Zusammenarbeit benötigt und aus deshalb in vielerlei Hinsicht ein spannendes Fachgebiet ist!

Neben der Forschung absolvieren Sie derzeit Ihre Assistenzarztausbildung. Wie lassen sich klinische Praxis und Forschung
verbinden? Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie etwas ändern könnten?

Grundsätzlich gibt es am USB flexible Möglichkeiten und Offenheit gegenüber verschiedenen Konzepten. Die Kombination ist aber sicher nicht leicht und man nimmt letztendlich auch Arbeit mit nach Hause. Hat man
eine geteilte Klinische- und Forschungsanstellung, ist dies natürlich etwas leichter. Trotz allem muss man bedenken, dass die Dauer der Facharztausbildung sich insgesamt verlängert. In einigen Universitäten gibt es «fast-track» Programme für Ärztinnen und Ärzte, die eine akademische Kariere anstreben, womit einerseits eine gute klinische Ausbildung gewährleistet wird, sich die Ausbildungszeit im Vergleich zu anderen Kolleginnen und Kollegen jedoch nicht wesentlich verlängert. Das wäre sicher etwas, was ich mir für das USB wünschen würde.

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Dr. med. Cihan Atila, PhD, geboren in Lörrach, begann seine medizinische Laufbahn mit einer Ausbildung zum Rettungssanitäter beim Deutschen Roten Kreuz, bevor er an den Universitäten Greifswald und Tübingen (D) Medizin studierte, inklusive eines Studienaufenthaltes an der University of Aberdeen (GB). Direkt im Anschluss begann er seine Tätigkeit im Rahmen des MD-PhD-Programms am Universitätsspital Basel in der DKF Forschungsgruppe von Prof. Mirjam Christ-Crain (Endokrinologie). Kürzlich wurde ihm nach erfolgreichem Projektabschluss der Titel «MD-PhD in Clinical Research» verliehen. Für zwei seiner Publikationen erhielt er 2023 den David L. Kleinberg Award der Pitutary Society sowie den Rising Star Award der Endocrine Society. Zudem wurde er 2023 mit dem 2. Platz in der Kategorie «Best Short Presentation» beim Tag der Klinischen Forschung ausgezeichnet. Kürzlich wurde ihm der Forschungspreis der Hemmi-Stiftung verliehen.

Wie stellen Sie sich Ihre berufliche Zukunft vor?

Meine berufliche Zukunft kann ich mir als klinischer Forscher vorstellen! Idealerweise eine geteilte Forschungs- und Klinikstelle hier am USB. Wir haben in Basel eine perfekte Voraussetzung an Infrastruktur sowie gute Kollaborationspartner! Einige Forschende ziehen sich aus dem Klinikbetrieb weitestgehend raus und setzen Ihre Priorität am Ende nur auf die Forschung – ich möchte aber gerne beides kombinieren. Denn wichtige Forschungsfragen ergeben sich meistens aus dem Klinikalltag und im Kontakt zu Patientinnen und Patienten. Gerne möchte ich auch deshalb in der Zukunft vermehrt mit Patientinnen und Patienten im Sinne von «Public and Patienten Involvement (PPI)» in der Forschung zusammenarbeiten. PPI ein sehr aktuelles Thema, das die Qualität der Forschung weiter verbessern wird.

November 2023

© Departement Klinische Forschung, Universität Basel c/o Universitätsspital Basel, November 2023