Nach fast zehn Jahren im Amt legt Mirjam Christ-Crain ihre Funktion als Departementsleiterin am DKF ab. Ihre Nachfolge tritt Niklaus Labhardt an.
Das Frauenduo Mirjam Christ-Crain und Christiane Pauli-Magnus erhielt 2014 den Auftrag, dem neu gegründeten Departement Klinische Forschung (DKF) der Medizinischen Fakultät Basel Gestalt zu geben. Der Standort sollte das Universitätsspital Basel sein. Mit der räumlichen Nähe zu den Forschenden und ihren Patientinnen und Patienten sowie der Integration der bereits seit 2007 bestehenden Clinical Trial Unit (CTU) sollten optimale Bedingungen für die Förderung von Qualität und Relevanz der klinischen Forschung geschaffen werden. Nach intensiven Jahren der Aufbauarbeit und stetigen
Weiterentwicklungen sind heute über 130 Forschungsgruppen aus allen medizinischen Disziplinen und verteilt über zwölf Institutionen aus der Region am DKF angesiedelt. Diese unterstützt das DKF mit einem breit gefächerten Angebot an Scientific Services, Aus- und Weiterbildungskursen und einem Ambulanten Studienzentrum.
Per Oktober hat Mirjam Christ-Crain ihre Funktion beim DKF niedergelegt, um sich neben ihrer klinischen Tätigkeit als stellvertretende Chefärztin Endokrinologie und den eigenen Forschungsprojekten neuen
Aufgaben, vor allem als Mitglied des Nationalen Forschungsrats des SNF, widmen zu können. Die Position als DKF-Leiter übernimmt Niklaus Labhardt, Chefarzt Klinische Epidemiologie am Universitätsspital Basel. Die operative Leitung des Departements verbleibt bei Christiane Pauli-Magnus. Wir nehmen diese Stabsübergabe zum Anlass, Mirjam Christ-Crain und Niklaus Labhardt zu ihren Einschätzungen der heutigen und zukünftigen Rolle der klinischen Forschung am Standort Basel zu befragen.
Prof. Dr. med. Mirjam Christ-Crain, Stellvertretende Chefärztin Endokrinologie, Diabetes und Metabolismus am Universitätsspital Basel
Frau Christ-Crain, mit welchen Gefühlen blicken Sie auf Ihre Jahre als DKF-Leiterin zurück?
M.Christ-Crain: Primär mit sehr guten Gefühlen und mit dem Gefühl, dass diese zehn Jahre sehr schnell vergangen sind. Insbesondere die ersten Jahre, in denen Christiane und ich mit dem Aufbau des DKF beschäftigt waren, waren eine sehr spannende Zeit. Davor war es, wie der damalige Rektor der Universität es ausgedrückt hat, ein eher virtuelles Gebilde. Wir hatten sehr viel Gestaltungsmöglichkeiten und es war unglaublich zu sehen, wie viele unserer Pläne wir konkret umsetzen konnten und wie schnell das DKF gewachsen ist.
In welchen Bereichen gab es die grössten Veränderungen?
M.Christ-Crain: Eigentlich in fast allen Bereichen. Natürlich in den Services, wie Statistik, Regulatorik, Datenmanagement und so weiter, für die Christiane zuständig ist. In meinem Zuständigkeitsbereich als Wissenschaftliche Leiterin möchte ich drei Dinge hervorheben. Erstens das von uns neu geschaffene PhD-Programm Clinical Research, das heute das grösste an der Medizinischen Fakultät ist. Wir konnten mit diesem Programm viele junge Talente fördern und ihnen mit diesem Studium ein fundiertes Wissen in allen Aspekten der klinischen
Forschung mitgeben. Da bin ich sehr stolz darauf. Zweitens haben wir ein Gefäss geschaffen von eigentlichen Forschungsgruppen und Forschungsgruppenleitenden. Es war ein langer Prozess, zusammen mit den anderen Departementen und der gesamten Medizinischen Fakultät die Kriterien festzulegen. Das ist nicht nur ein wichtiges Qualitätsmerkmal, sondern schafft auch Zugehörigkeitsgefühl der Forschenden zum DKF. Und drittens haben wir ein internationales Scientific Advisory Board (SAB) eingerichtet. Auch das ein wichtiger Schritt, da nun standardmässig von extern sowohl das DKF als Gesamtes als auch die einzelnen Forschungsgruppen evaluiert werden. Der jährliche Besuch das SAB hat wesentlich mitgeholfen, unser Departement voranzubringen und neue Inputs zu erhalten. Damit wurden die Voraussetzungen geschaffen, um erfolgreich zu sein bei der Mitteleinwerbung, vor allem beim IICT-Call. Es ist ein ganz grosser wissenschaftlicher Erfolg in diesen zehn Jahren, dass Basel bei dieser Ausschreibung, die in der klinischen Forschung die prestigeträchtigsten Grants vergibt, sehr erfolgreich war.
Was wünschen Sie sich vom DKF in Zukunft?
M.Christ-Crain: Ich wünsche mir, dass sich das DKF weiterentwickeln kann und dass sich
die Forschungsgruppen weiterhin und noch stärker mit dem DKF identifizieren. Es gibt wie überall Baustellen und ich wünsche mir, dass die neue Leitung diese angehen und wenn möglich lösen kann. Beispiele sind die Anzahl der Forschungsgruppen, die derzeit zu gross ist, um eine tiefere und somit zielführende Evaluation durchführen zu können. Wir haben hier bereits ein Cluster-Konzept angedacht, das noch umgesetzt werden muss. Ein anderes Beispiel ist die noch bessere Integration anderer Institute in das DKF. Eine gute und für die Forschenden bezahlbare Organisation des Biobankings ist eine weitere grosse Herausforderung für die Zukunft. Und ganz generell: Die Zeiten, um in den Spitälern Forschung zu machen, werden nicht einfacher. Ich wünsche mir, dass das DKF nach wie vor die Forschenden gut unterstützen und ihre Anliegen gut gegen aussen vertreten kann.
Und Ihre Wünsche an das DKF?
M.Christ-Crain: Ich wünsche dem DKF und der neuen Leitung, dass sie voll Tatendrang und Optimismus in die nächsten zehn Jahre starten. Dass die Interaktion zwischen wissenschaftlicher und operativer Leitung weiterhin gut funktioniert, dass die Forschungsgruppen prosperieren und dass so die klinische Forschung in Basel weiterhin national und international eine Spitzenstellung innehaben wird.
Prof. Dr. med. Niklaus Labhardt, Chefarzt Klinische Epidemiologie am Universitätsspital Basel
Herr Labhardt, welche Rolle spielt das DKF für die klinische Forschung am Standort Basel?
N.Labhardt: Im Bereich der akademischen klinischen Forschung ist das DKF sicher der grösste Player in der Nordwestschweiz. Es hat alleine im vergangenen Jahr über 100 Ethik-Eingaben gemacht, Datenbanken für über 100 klinische Studien betrieben und war in 97 neue Forschungsprojekte involviert. Zudem waren über 60 Studierende im PhD-Studiengang Clinical Research aktiv. Es war an der Akquise der prestigeträchtigen IICT-Grants zentral beteiligt und hunderte Forschende haben an den postgraduate Trainings teilgenommen, vor allem an den GCP-Kursen. Das DKF ist aber nicht einfach nur eine klassische CTU. Es ist Teil des Spitals und der Universität und steht in Basel in einer Reihe mit vielen starken Institutionen wie dem Departement Biomedizin, dem SwissTPH und der hier ansässigen Industrie.
Wie wichtig ist die Vernetzung mit den Institutionen?
N.Labhardt: Das macht eben der Unterschied zwischen einer reinen CTU und einem universitären Departement aus. Für das DKF
ist die Vernetzung nicht nur wichtig, sie macht das DKF aus und entscheidet darüber, ob es bei der Gestaltung des Forschungsstandortes Basel mitentscheiden kann. Persönlich sehe ich die Vernetzung und gute Zusammenarbeit mit Institutionen als eine meiner zentralen Aufgaben und auch Herausforderungen.
In welchen Bereichen sollte die Förderung von forschungsaktiven Ärztinnen und Ärzten noch intensiviert werden?
N.Labhardt: Selbst bin ich den Weg des klinisch tätigen Arztes gegangen, der im Arbeitsalltag viele Herausforderungen und unbeantwortete Fragen antrifft, die ihn motivieren, Forschung zu betreiben. Da ich selbst kein Mentoring hatte, habe ich anfangs viel Zeit verloren, Frustrationen erlebt und Unpublizierbares produziert. Damals wäre ich um eine Institution wie das DKF sehr froh gewesen. Klinisch tätige Personen generieren oft die besten und wichtigsten Fragestellungen, da diese direkt aus dem Praxisalltag gegriffen sind. Ich wünsche mir, dass das DKF besonders solche praxisrelevante Forschung unterstützt. Klinikerinnen und Kliniker haben nur begrenzt Zeit, um an Proposals und Protokollen zu tüfteln, da sie meist ihr volles Arbeitspensum
mit der Betreuung von Patientinnen und Patienten verbringen. Forschungsarbeit wird dann an Abenden und Wochenenden geleistet und trotzdem müssen ihre Studien am Ende alle Qualitätsansprüche erfüllen. Bei der Unterstützung von klinisch tätigen Personen sollte man daher grosszügig sein. Sei es durch die Möglichkeit der Freistellung von klinischer Arbeit, sei es durch mehr Support vor allem im administrativen und regulatorischen Bereich von klini schen Studien.
Wo sehen Sie das DKF in fünf Jahren?
N.Labhardt: Ich plane keine Revolution. Vieles am DKF funktioniert sehr gut und übertriebener Aktivismus wäre fehl am Platz. Ich sehe aber durchaus Potenzial für Adjustierungen. So strebe ich an, dass sich mehr Forschende – auch ausserhalb des USB – mit dem DKF identifizieren und hier eine akademische Heimat finden und dass es ein breit abgestütztes und aktives Leitungsgremium gibt. Aus methodischer Sicht, sollte das DKF Teil von verschiedenen Plattform-Trials sein und auch neue Compounds von Phase I bis III/IV mitbegleiten können. Junge Forschende aus der Klinik sollen bewusst unterstützt werden.
November 2023
© Departement Klinische Forschung, Universität Basel c/o Universitätsspital Basel, November 2023