Citizen Science im Zoo Basel

Das DKF setzt seine Kenntnisse in einer unkonventionellen Partnerschaft ein.

Forschung zum Mitmachen

Zu seinem 150-jährigen Jubiläum und 150 Jahren Forschung für eine nachhaltige und artgemässe Tierhaltung integriert der Zoo Basel sein Publikum in ein innovatives Vorhaben: «Forschung zum Mitmachen» ist ein Projekt, das Besucherinnen und Besucher dazu einlädt, die Anzahl Menschenaffen in den Aussenanlagen zu beobachten.

Seit der Eröffnung der fünf begrünten Aussenbereiche im Jahr 2012 erleben Gorillas, Orang-Utans und Schimpansen eine naturnahe Umgebung mit erweitertem Platzangebot und der Möglichkeit, Wind und Wetter zu erfahren. Doch nutzen die Tiere diese Aussenanlagen tatsächlich und wann? Diese Frage bildet den Kern des laufenden Forschungsprojekts, das der Zoo Basel in enger Kooperation mit dem Departement Klinische Forschung (DKF) durchführt.

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Hinweisschild für die Teilnahme am Citizen Science Projekt. Foto: © Zoo Basel

Datenerhebung durch das Zoo-Publikum

«Durch die Einbindung des Publikums wird nicht nur das Verständnis für das Verhalten der Menschenaffen vertieft, sondern auch die breite Öffentlichkeit aktiv in den Schutz und den Erhalt bedrohter Tierarten eingebunden», erklärt Adrian Baumeyer, MSc, Kurator des Zoo Basel. Citizen Science umfasst die Beteiligung der Öffentlichkeit an wissenschaftlichen Projekten und hat mehrere Vorteile.

Sie trägt nicht nur dazu bei, Forschungsergebnisse zu verbessern und zu erweitern, sondern stärkt auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft, indem sie die Bürgerinnen und Bürger aktiv in den wissenschaftlichen Prozess einbezieht.

So ermöglicht die direkte Beteiligung des Zoo-Publikums eine umfassende Datenerhebung über einen längeren Zeitraum und trägt dazu bei, ein detailliertes Bild darüber zu erhalten, wann die Menschenaffen ihre Aussenanlagen nutzen. Gleichzeitig erfahren die teilnehmenden Besucherinnen und Besuchern, wie Antworten zu Forschungsfragen erhoben und Resultate ausgewertet werden.

Folgende Fragen sollen geklärt werden: Zu welchem Zeitpunkt befinden sich wie viele Tiere in der Aussenanlage? Besteht ein Zusammenhang zwischen den Tieren, die sich draussen aufhalten, dem Wetter und/oder der Anzahl Besucherinnen und Besucher bzw. den betrieblichen Abläufen? Und wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Affen sich in der Aussenanlage aufhalten?

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Foto: © Zoo Basel

«Durch die Einbindung des Publikums wird nicht nur das Verständnis für das Verhalten der Menschenaffen vertieft, sondern auch die breite Öffentlichkeit aktiv in den Schutz und den Erhalt bedrohter Tierarten eingebunden.»

Adrian Baumeyer, MSc
Kurator des Zoo Basel

Eine unkonventionelle Zusammenarbeit

Der Zoo Basel hat das DKF für die Planung des Forschungsprojektes und Auswertung der Daten kontaktiert. Im Verlauf der Gespräche wurde jedoch deutlich, dass die Expertise des DKF über die Datenanalyse hinaus von Nutzen sein kann. So hat das DKF eine mehrsprachige Webapplikation entwickelt, über welche die Besucherinnen und Besucher ihre Beobachtungen unkompliziert dokumentieren können. Die App ist über QR-Codes zugänglich, die an Hinweisschildern mit der Aufforderung «Jetzt teilnehmen» in den Aussenanlagen der Menschenaffen sichtbar sind. Gemäss den Anweisungen in der App sollen die Teilnehmenden die Anzahl der Menschenaffen zählen, die sich zum Zeitpunkt der Datenerfassung in der jeweiligen Aussenanlage befinden, und die aktuelle Wetterlage beurteilen.

«Bei der Gestaltung der App war es uns wichtig, dass die eingetragenen Beobachtungsergebnisse für die Teilnehmenden sofort sichtbar sind und mit jenen anderer App-Nutzerinnen und -Nutzer verglichen werden können», erklärt Stefan Karlin aus dem Team Applikationsentwicklung am DKF. Entsprechend haben Data Scientists des DKF die Darstellung der Diagramme konzipiert. Dies sei eine Möglichkeit im Sinne des Citizen Science Ansatzes, das Forschungsprojekt für die Teilnehmenden relevanter, transparenter und zugänglicher zu gestalten.

Das DKF wird die von den Besucherinnen und Besuchern gesammelten Daten zusammen mit den gemessenen Wetterdaten und den täglichen Besucherzahlen des Zoo Basel analysieren. Die statistische Auswertung der Daten wird dazu beitragen, Zusammenhänge zwischen der Nutzung der Aussenanlagen durch die Menschenaffen und relevanten Umweltfaktoren zu untersuchen. «Citizen Science ist eine innovative Herangehensweise mit grossem Potenzial auch für die klinische Forschung», so Deborah Vogt, PhD, Senior Statistikerin am DKF. «Wir freuen uns über die interprofessionelle Zusammenarbeit mit dem Zoo Basel.» 

Via Webapplikaton können die Zoo-Besucherinnen und -Besucher ihre Beobachtungen erfassen. Nach Eingabe der Beobachtungen in der Webapplikation werden
die Ergebnisse für die Teilnehmenden in einer Grafik visualisiert.

Zolli-App

Einjährige Testphase

2023 fand eine Testphase statt, in der ebenfalls die Zoo-Besucherinnen und Besucher eingebunden wurden. Evaluiert wurde dabei nicht nur die Bereitschaft des Publikums, sich am Projekt zu beteiligen, sondern auch die Webapplikation: deren Funktionalität, Benutzerfreundlichkeit und Sicherheit. Denn die App soll nicht nur einwandfrei funktionieren, sondern auch die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit der Daten und der Anwendung gewährleisten.

Das eigentliche Forschungsprojekt ist am 1. Januar 2024 gestartet und wird bis Ende Jahr fortgesetzt. Daten von über 900 Personen sind in den ersten vier Monaten bereits eingegangen. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse und freuen uns über das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft.

DKF-Scientific Services

Data Science: Entwurf der grafischen Datendarstellung
IT- Services: Entwicklung Webapplikation
Statistik: Beratung, Planung, Datenauswertung

Juni 2024

© Departement Klinische Forschung, Universität Basel c/o Universitätsspital Basel, Juni 2024